In der Weite der Steppe grast eine Kolonie von Steppenpferden. Ihre Köpfe sind gesenkt, und die Geschwindigkeit ihrer Bewegungen ist dem langsamen und kontinuierlichen Abfressen der Grasnabe angepasst, untergeordnet. Nur manchmal schaut eines der Tiere über den vom Rist der Gruppe gebildeten Horizont hinweg, und versucht, am verschwommenen, Erd- und Luftfarben vermengenden Firmament ein Zeichen der Veränderung der Situation zu erkennen. Eine Verschiebung der Linien, ein Staubzeichen, eine Krümmung der Fläche. Findet sie nicht statt, versinkt der Kopf in die geduckte Fresshaltung der Gruppe.
Am Abend, wenn die Sonne soweit abgesunken ist, das die langwellige Wärmestrahlung nicht mehr ausreicht, um die Schwingungen der Moleküle aufrechtzuerhalten und so die Distanz derselben abnimmt, verklumpen sich die Wasserteilchen in der Luft zu kleinen Tröpfchen, die sich durch die -den Pferden allerdings unbekannte- Kraft der Adhäsion zu Wasserclustern, schliesslich zu Tropfen ballen, die sich an den ebenfalls an den übrigen Festkörpern, den Graskörpern, den Pferdekörpern anlagern. Dann erzeugt die sich vorbereitende Nacht eine Klammheit, die das Zusammenballen der Pferdeteile, der sich abkühlenden Pferdemasse erzeugt.
Die Abstände verringern sich dann. Die Oberfläche nimmt ab. Die Verklumpung von diskreten Körpern ist die Folge des Sonnenuntergangs. Dunkelheit legt sich über das Gemisch aus Pferden und Gras, und verbindet sie zu einem, wiederum Wärmestrahlung aussendenden Körpermodul. Manchmal dringt ein Schrei durch die Menge in der Dunkelheit, dann kommt Unruhe in die Schule. Etwas packt dann an, und versucht, etwas aus dem Knäuel zu lösen, aus der Verklumpung herauszubeissen. Am Morgen ist es mit einem Teil, einer Entität der Herde beinahe spurlos verschwunden. Kleine Flecken im dunklen Grün des niedergetrampelten, leicht bräunlich schon geronnenen Gras-Ton-Gemischs zeigen noch die Geschehnisse der Nacht an. Doch keine Traurigkeit ist zu verspüren. Keine bewusste, vielleicht eine geahnte Leere in der Folie der Realität ein microfeiner Riss, der sich sogleich durch die auseinanderstrebenden Leiber des Herdenkörpers ins unbewusste Vergessen hinein verfestigt; es lösen sich die festen Teile also wieder (und immer wieder) voneinander ab, und ein leichter Wind weht über die Rücken der nun distanzierten Körper, und bewegt die über ihnen sich bildende Wärme. Die einzelnen Wesen, denen eine expressionistische, auratische Ahnung in Form von Wärmestrahlung umwehte, begreifen die Veränderung. Die Wärme bewegt die Hormone und kettet die Molekülketten aneinander, die Bewegung nimmt unter der Wärmestrahlung zu, und trägt sie, verteilt sie mit dem Wind, einander in die grasenden Nüstern. Sie verketten sich untereinander, bilden Allianzen, scheiden Rezeptoren voneinander. Sie sehen sich im eigentlichen Sinne nicht. Sie lösen sich ineinander, und Enzyme spalten sich in Teile, wo von Gruppierungen die Rede ist. Nachts, wenn die Wärme zur Verbreitung nicht ausreicht, löst der Kontakt der diskreten Körper das Problem der Übertragung. Einander ineinander erkennen. Eins sein mit der Bedingung. Sie bilden Schlämme, jede Kolonie unter sich, erkennt die Signatur verwandter Moleküle. Richtig und falsch erkennen sie am Geschmack...
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