Donnerstag, 9. Mai 2013

III SENTIMENTALE ERZIEHUNG







I (biting butts)

Endes Schlange beisst sich, jetzt ganz allein, in den hölzernen Schwanz und spucken ein wenig Feuer; das zitternde Ende ergreift man sich selbst, wie die Locke des Kairos. 
In den letzten Wochen auf der Suche nach Formen für einen Text. Eher ein Fragment wohl, ich probe den Bildungsroman. Hatte das Feuilleton nach eigenen Angaben (wer ist denn genau das Feuilleton) schon lange nach einem Goetz- Roman gehechelt, war Johann Holtrup mal eben dabei herausgeschleudert worden, und traf mich mit voller Wucht. Ich krieche hingegen allerdings eher beleidigt voran. Ich hatte in den Vorskizzen hier eigentlich so etwas wie ein Bürgerforum angedacht (die grosse leere Grasfläche vor dem Kanzler(innen)Amt, aber mangels dessen Form -und ratlos über die Zielgruppe- diesen Gedanken verworfen. 
Wir sprachen mal im kleinen Kreise (diesmal nicht im Anzengruber) über eine Kolumne im "Critical Ass", die dann aus Zeitgründen vertagt werden musste, vermutlich war auch nichts inhaltliches dafür adäquat, aber entgegen allen Spekulationen blieb noch so etwas wie Sehnsucht dazu da, wie die Sehnsucht immer zu den Orten am grössten ist, an denen man nicht war. Dein Vorschlag, die Wutnische "Grumpie Bear" zu taufen, blieb mir allerdings haften (zusammen mit der Richter'schen Idee vom 'kuscheligen Sumpf'… Fegt noch "Konzeptkunst aus Not" (Michael Dreyer durch Michael Krebber) durch den Kopf, bleibt wenig, als die noch einmal durchgegangenen Nachrufe Revue passieren zu lassen. Verpasste Gelegenheiten. Missverständnisse. Scham in Reinkultur. Wenn ich zurückdenke, begann ich mit einer Agenda. Eine Haltung zur nützlichen Kunst. Nicht eben schön, aber in Bildungsdiensten. Reproduzierte Bilder, wie Dürer oder Holbein zogen mich an. Kunst gedruckt für alle. Dann Panofski-Leser im Abitur, und Gombrich-Nominalist in den Kulturwissenschaftsseminaren. Eventuell noch Begeisterung für die systematischen Modelle; ich hätte vielleicht Hilda af Klint gemocht, hätte ich von ihr gewusst. Euphorie hätte mich durchwallt. Jetzt ist es wohl dafür zu spät. 
Pure Lust am Besonderen trieb mich in die Arme der Mitte. Mich sprach die Renaissance in Deutschland an, noch so 'ungelenk und ahnend' (wir beide), ich kannte sie aus der Bebilderung der "Frühbürgerlichen Revolution" in Deutschland. Bauernkrieg. 
Der Bauernkrieg, Marx und Engels, geklaut in der Schulbücherei, vielleicht auch 1990 aus dem Müll gefischt. Erinnerung: in der grossen Rotunde stehend und erschlagen von Handarbeit, dem Kunstmesser, unter den aus den spanischen Niederlanden geborgten Lanzenansammlungen stehen, und das postsurrealistische Feuerwerk der Ölkörper über mir. Noch heute in der Kunstkammer angesprochen werden: " Ist das nicht grossartig? Diese Genauigkeit. Wunderschön." Verzückung angesichts der Bildungsleistung. Schäme ich mich heute meines undialektischen Standpunkts? Der erwähnte Blutfluss der "Münzerrotten" bildete eine Rinne bis ins Dorf den Abhang hinunter. Gegen die Reiterei half auch keine Organisation, alles traten die Blinden Pferde in das nasse Gras hinein. Morgensterne halfen nichts im Abendlicht. Schlamm schon hier, a "Woman, who mistook her Husband for a head" (nach M. Nyman)… Ich habe immanente Zweifel, aber das verspricht weit mehr Haltung, als ich ihn einnehmen kann. Veganismus als Ersatz für politisches Interesse sei gerade das Thema…Zielsicher erraten wir schon immer die kommenden Ausstellungskritiken im Branchenblatt. 

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